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Was wir für unsere Sicherheit opfern

Dieser Artikel entstand 2004. Jetzt habe ich ihn wieder gefunden und mich gefragt: Stimmt es denn noch? Lest selber...

Diktatur, bei uns? Niemals, wir haben aus unseren Fehlern der Vergangenheit gelernt. Das dritte Reich, die DDR. In den letzten 100 Jahren hatten wir eine Monarchie, 2 Demokratien und 2 Diktaturen. Wir hatten 2 Kriege, wir wurden getrennt und wiedervereint. Haben wir wirklich daraus gelernt? Sind die Deutschen wirklich so dumm und lassen sich wieder hinterrücks einen Überwachungsstaat aufdrücken, den sie eigentlich gar nicht wollen? Ist es soweit, dass wir den elektronischen Bürger, der aus Statistiken besteht und dem man alles aufzeigen kann was man nur als wichtig erachtet, gläsern präsentiert?

Und dabei scheinen Staat und Wirtschaft zusammen zu arbeiten. Man muss niemanden mehr nach seinem Leben fragen, da der Bürger sein Leben ja regelrecht vorlebt. Man muss nur alle Daten zusammenfügen und erhält so ein genaues Bild.

 

Jeder hat es gehört, aber irgendwie versteht es keiner, zumindest nicht richtig. Oder man kann es nicht verstehen, weil es keiner erklärt. Vielleicht auch, weil es zu viele erklären, bzw. verklären. Man sieht sich wohl überlastet durch die Belastung unserer Informationsgesellschaft im Zeitalter, der eben nicht verstandenen Globalisierung. Überlastet durch die Masse an Informationen die man filtern muss. Die wichtigen von den unwichtigen trennt, wobei man selbst Schwierigkeiten bekommt darin zu unterscheiden. So dass man den einfachen Weg wählt und sich fast gar nicht mehr informiert, oder nur ungenügend. Der Datenschutz wird verschleppt und eine Neuauflage wissentlich verschoben. Denn er hindert daran, Informationen zu bekommen.

Man weiß eines. Wissen ist Macht. Unwissen dagegen bewirkt genau das Gegenteil. Wissen ist mittlerweile eine Ware mit der gehandelt wird. Man kann aber auch wissen ohne an Geld zu denken. Zum Beispiel Wissen um seine Macht zu sichern. Denn Wissen ist eben nun mal Macht. Mit dem 11. September 2001 wurde der Grundstein gelegt. Der Grundstein zur totalen Überwachung.

Als hätten böse Mächte geschlafen und nur auf diesen einen Moment gewartet. Bereits kurze Zeit nach dem 11.9.2001 wurden Verordnungen gestrickt, Gesetze geschrieben. Innerhalb von 3 Monaten wurden Grundlagen geschaffen, die ohne den 11.September niemals durchgegangen wären. Der Staat forderte uns auf: „Lasst die Einschränkungen eurer Freiheit zu und wir geben euch mehr Sicherheit, wenn auch nicht die totale“. Aber Sicherheit wovor?

Seit dem der Computer immer mehr Aufgaben übernimmt und das Internet eine zentrale Rolle bei vielen dieser Aufgaben eingenommen hat, ist auch der Wunsch von überwachenden Institutionen gewachsen, dieses Medium zu kontrollieren und ihm Regeln zu geben. Denn Kriminalität macht auch hier nicht halt. Und für viele ist es sehr leicht geworden, sich eben mit diesem zu organisieren. Neues ist entstanden und altes ist gewachsen. Das klassische Spionieren entfällt hier schwer oder wird zu einer schwierigen Aufgabe. Das Internet ist nicht zentral, es ist Ausfallsicher und redundant. Und es unterliegt keiner staatlichen Kontrolle, aber es steht auf hoheitlich rechtlichen Boden. Und muss sich so an die jeweils nationalen Gesetze halten.

Nach dem 11. September 2001 wurde das Datennetz, auch in Deutschland, immer mehr als potentielle Gefahrenquelle und Tummelplatz von Terroristen wahrgenommen. Mit Innenminister Otto Schilys Anti-Terror-Gesetzen sollte terroristischen Aktivitäten, auch online, ein Riegel vorgeschoben werden. Bereits 2 Monate später wurde eine Überwachungsverordnung verabschiedet, die Grundlage für jegliche Überwachung des Internets bietet. Die Verordnung ist so schwammig formuliert, dass sich einiges daraus interpretieren lässt, und so den Sicherheitspolitikern einiges an Freiheiten gibt. Die Verordnung hört auf den Namen TKÜV „Telekommunikations-Überwachungsverordnung“.

Allerdings lassen sich die Überwachungsfantasien der Sicherheitspolitiker nicht immer so problemlos umsetzen, wie diese das gerne hätten. So hatte Bundesinnenminister Schily im Dezember 2003 ein Gesetz gefordert, das die Internetanbieter verpflichtet hätte, Daten über Telefon- und Onlineaktivitäten ihrer Kunden mindestens ein Jahr lang zu speichern. Dieses wurde glücklicherweise abgewendet. Sie wird zwar momentan wieder auf EU-Ebene diskutiert. Jedoch laufen sämtliche Anbieter und Dachverbände dagegen Sturm. Nicht nur weil die Kosten dafür beim Anbieter liegen bleiben, sondern auch weil das der absolute Overkill wäre. Der technische Aufwand und die Menge an Daten die dabei anfallen, würden jede Sinnvolle Auswertung zunichte machen.

Aber auch die komplette Überwachung via IP (die Adresse des Rechners im Internet) lässt sich aus dieser Verordnung ableiten. Und das wäre dann die komplette Überwachung des Internets ohne Ausnahme. Diese Menge an Daten würden pro Tag mehrere Petabytes verschlingen. Aber unsere Politiker sehen das etwas anders. Sie denken anders und meinen. Gebt eure Freiheiten auf, ihr braucht doch nichts zu fürchten, wenn euer Herz rein ist. Der Sprung zu einem Hightech Überwachungsstaat, der seinen Bürgern nur wenige Freiheiten lässt, rückt dadurch näher.

Das Internet wird von keinem Staat kontrolliert. Es untersteht der ICANN (Internet Corporation For Assigned Names and Numbers). Die ICANN wacht über die Namensvergabe der im Internet verteilten Adressen. Diese Organisation wacht über die IP-Vergabe, Namensvergabe in allen nötigen Schichten. Doch mit der neuen Version des Internet (Version 6) soll dies fallen und die Länder wollten dies gerne selbst erledigen oder wenigstens ein gehöriges Wörtchen mitsprechen. So sind momentan alle IP-Adressen ungleichmäßig verteilt. Wenn es nach einigen Ländern geht soll dies aber so nicht bleiben. Durch die neue Version 6 des Internets, besser gesagt die Version 6 der IP-Adressen, ist es möglich jeden Quadratzentimeter auf der Erde eine eindeutige Adresse zu geben. Durch diese Tatsache wollen einige Länder IP-Blöcke haben. So wäre aber eine genaue Definition des Internets möglich. Heute ist es nicht möglich IP-Adressen wegen der Nummer einem Land zuzuordnen. So ist auch gewährleistet das Zensur nicht so einfach ist. Dem technischen Aufwand den man zum Beispiel in China betreibt, würde kein Anbieter in Deutschland zustimmen. Wären aber ganze Zusammenhängende Bereiche den Ländern zugeordnet, kann jeder selbst Zensur betreiben. Und das auf die einfachste und billigste Art. Die Sperrung genau dieser Nummern. So wird man dann im Kriegsfall, wenn das US-Militär wieder mal interveniert, keine Ausländische und dem Feind zuzuordnende Website mehr finden dürfen, da einfach die Auflösung solcher Nummern blockiert wird. Das Bilden einer freien Meinung wäre so eindeutig eingeschränkt.

Ab dem 1.1.2005 tritt nicht nur Harz 4 in Kraft, auch alle großen Emailprovider mit mehr als 1000 Kunden müssen eine Überwachungsschnittstelle den ermittelnden Behörden zur Verfügung stellen. Diese Schnittstellen sind Europaweit standardisiert. Zwar dürfen die ermittelnden Behörden nicht aus eigenem Antrieb, mir nichts dir nichts, jeden überwachen den sie wollen. Sondern sie müssen dies bei der zuständigen Staatsanwaltschaft beantragen, damit diese eine Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses feststellt. Erst dann darf sie handeln. Aber wer sagt das genau. Die Schnittstellen sind da und ein theoretischer Missbrauch ist nicht ausgeschlossen.

Und was ist diese Überwachung? Sie ist am Ende so effektiv, dass sie nur eines schaffen wird. Die Überwachung des Volkes und nicht der Straftäter, Verdächtigen und Terroristen. Schon eine normale Verschlüsselung bringt die Überwachung aus dem Tritt. Und jede kriminell veranlagte Person wird genau dies tun. Was bringt eine Überwachung, wenn man deren Daten dann monatelang entschlüsseln muss. Und es sich am Schluss herausstellt das die Daten schon wieder zu alt sind, um damit etwas Anständiges anfangen zu können. Das Ganze wird natürlich auch einiges Kosten. Die Implementierung der Schnittstelle bleibt wohl bei den Unternehmen hängen. Den Betrieb und die Wartung vielleicht auch. Aber im Falle der Nutzung will der Papa Staat die Kosten teilweise übernehmen. Am Ende zahlt aber nur einer. Das Volk zahlt dafür, dass Big-Brother nicht länger nur im TV existiert. Das Volk will Big-Brother rund um die Uhr und live Selbsterleben, im Glauben es geht um die eigene Sicherheit.

Eine kurze Zusammenfassung des momentanen Stands.

Fast alle öffentlichen Plätze sind mittlerweile mit Kameras bestückt.

Das Internet wird demnächst überwacht. Der große Lauschangriff wurde zwar vorerst vom Bundesverfassungsgericht gestoppt, wird aber hinterrücks durch die TKÜV aufgefangen.

Alle Konten werden ab 2005 ebenfalls für den Staat bei Bedarf einsehbar werden.

Die Ortung von Handys stellt keine Hürde dar. Die Sicherheitsbehörden haben dafür den § 100i in die Strafprozessordnung, zur Ermächtigung für den Einsatz des so genannten IMSI-Catcher, eingefügt.

Durch RFID-Chips in zukünftigen Ausweisen, ab 2005, ist auch eine umfassende Sammlung möglich. Sie sollen neben der üblichen persönlichen Daten, auch Foto und Fingerabdruck enthalten. Es wird also kein Polizist mehr fragen. Aber angeblich ist der RFID-Chip nur aus einigen Zentimetern lesbar. Nach neuen Tests ist aber auch ein Auslesen aus mehren Metern Entfernung, mit tragbaren Terminals, möglich. So zumindest bei den in den USA eingesetzten Varianten. (RFID ist ein Chip der via Funk ausgelesen werden kann.) Auch soll er demnächst in Supermärkten das Einkaufen revolutionieren. Neigt aber auch dazu benutzt zu werden, um detaillierte Kundenprofile zu erstellen, die dann zur persönlichen zusammengestellten Werbung mutieren.

Die Benutzung der EC/Kreditkarte bleibt nie unbemerkt. Und bringt im Zusammenhang mit RFID ein optimales System zur Analyse der Gewohnheiten von Kunden und Bürgern.

Das Toll-Collect Verfahren eignet sich auch wunderbar zur Überwachung des gesamten Verkehrsaufkommens auf den Autobahnen. Zusammen mit dem Handy, kann man sich so eine Verfolgungsjagd auf der Autobahn sparen. Mit dem demnächst wohl in immer mehr Fahrzeugen vorkommenden Ortungssystem wegen Diebstahl, wie es die Automobilindustrie momentan entwickelt, erübrigt sich dies aber sowieso.

Dazu kommt das Flugdatenabkommen EU/USA mit dem diese untereinander Flugdaten austauschen und 34 persönliche relevante Daten abfragen. Darunter nicht nur Name und Adresse. Auch Kreditkartennummer, Essenswünsche, Religion und Informationen aus dem Bonusmeilensystem. Zwar ist dem Abkommen noch eine Klage, des EU-Parlaments, vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig. Die Deutsche Bundesregierung hat sich mit diesem Abkommen, wie andere EU-Staaten auch, einverstanden erklärt.

Der Bürger degradiert sich so, ohne es zu merken, zu einer Marionette und lässt sich diktieren, als das er regiert und selbst entscheidet.